29
Dez
2015
1986–2002: Gerd Jürgen Henkel
Am 27.09.1986 wurde Gerd-Jürgen Henkel (45) als neuer THW-Direktor von Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann in sein Amt eingeführt.
Der Minister vollzog den Amtswechsel im Rahmen einer Feierstunde im historischen Prunksaal des Rathauses im bayerischen Landshut.
An der Feier nahmen neben zahlreichen Ehrengästen, darunter die Bundestagsabgeordneten Fellner, Götzer und Paintner, Landshuts Oberbürgermeister Deimer und Landtagsabgeordneter Huber, der Leiter der Abteilung Zivile Verteidigung im Bundesministenum des Innern, Beyer, auch Abordnungen aus den elf Landesverbänden teil.
Unmittelbar nach Abschluß seines zweiten juristischen Staatsexamens im Jahre 1972 ist Herr Henkel in das Bundesamt für Zivilschutz eingetreten. Er hat dort und im Bundesinnenministerium, wohin er zeitweise abgeordnet war, sowie in der Leitung des Technischen Hilfswerks – zuletzt als Stellvertreter des Direktors – umfassende Ertahrungen für sein Amt sammeln können.
Ein Rückblick auf die 15 jährige Tätigkeiten von Gerd Jürgen Henkel ist verbunden mit den zahlreichen Einsätzen im In- und Ausland, bei denen Helferinnen und Helfer des THW wertvolle Hilfe geleistet haben.
Neben den Flüchtlingskatastrophen in Somalia und Ruanda, den Hurricans in Honduras und Nicaragua, den Erdbeben in der Türkei, in Kolumbien und Taiwan und dem Orkan Lothar in Frankreich waren es vor allem auch die lnlandseinsätze, die das THW zunehmend forderten. So hat sich allein in den letzten acht Jahren seiner Amtszeit die Zahl der lnlandseinsätze nahezu verdoppelt.
Doch nicht nur diese Entwicklung stellte eine große Herausforderung dar. Der Fall der Mauer am 9. November 1989 stellte auch den Direktor der Bundesanstalt THW vor eine große Aufgabe: den „blauen Aufbau Ost“. Nach dem Zusammenbruch der DDR-Strukturen galt es, ein funktionierendes Gefahrenabwehrsystem zu schaffen.
Mit großem persönlichen Engagement ist Direktor Henkel der anfänglichen Skepsis der Bürgerinnen und Bürger entgegengetreten. Dass das Ehrenamt im Allgemeinen und das THW im Besonderen in den neuen Ländern eine so große Akzeptanz gefunden haben, ist sicherlich ein Resultat dieser vom ganzen THW getragenen Bemühungen. Zahlreiche Ortsverbände aus dem Westen haben zum Gelingen des „blauen Aufbaus“ beigetragen, indem sie nicht nur Material, sondern auch Know-How schnell und unbürokratisch zur Verfügung stellten.
Neben dem Fall der Mauer standen weitere strukturelle Veränderngen an, die das ganze THW betrafen. Am 1.Februar 1990 trat das sogenannte THW-Helferrechtsgesetz in Kraft. In nur sieben Paragrafen wurde dem THW ein neues Profil gegeben. War zuvor das Einsatzspektrum des THW vor allem auf den Verteidigungsfall zugeschnitten, so wurde das THW nun auch in die Gefahrenabwehr in Friedenszeiten eingebunden.
Im August 1991 hieß es dann: Start frei für die neue THW-Bundeszeitung. Die neue Zeitung ergänzte das Themenangebot der THW-Landeszeitungen und lieferte zudem eine einheitliche Informationsplattform für das Technische Hilfswerk.
Am 22. November 1992 wurde das THW wieder zu einer selbständigen Bundesbehörde, nachdem es am 6. Juli 1957 in die Bundesdienststelle für Zivil- und Bevölkerungsschutz eingegliedert worden war. Damit wurde der Sonderrolle des THW im Vergleich zu anderen Bundesbehörden Rechnung getragen. So ist schließlich eine Zusammensetzung aus 1,5 Prozent Hauptamtlichen und 98,5 Prozent Ehrenamtlichen eine einzigartige Personalstruktur. Doch neben diesem Aspekt erhielt der Direktor des THW damit auch die Organisations-, Personal- und Finanzhoheit zurück, die bis dahin beim Bundesamt für Zivilschutz lag.
Im Zusammenhang mit dieser wiedererhaltenen Selbständigkeit ist auch das 1995 realisierte Neukonzept zu sehen. Was mit dem Helferrechtsgesetz begann, findet hier seine Fortsetzung. Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, bedurfte es der strukturellen und technischen Modernisierung sowie der ideellen Neuausrichtung der Bundesanstalt.
Diese unter Direktor Henkel erreichte Integration des THW in die örtliche Gefahrenabwehr sowie die nachhaltige Verbesserung des Klimas zu den Feuerwehren haben sich auch im Einsatz bewährt. Beispiele dafür sind der gemeinsame Einsatz nach dem ICE-Unglück in Eschede und das Jahrhundert-Hochwasser an der Oder, wo verschiedenste Katastrophenschutzorganisationen effizient und auf allen Ebenen zusammenarbeiteten. Diese Zusammenarbeit wurde auch auf europäischer Ebene angestrebt und vorangetrieben. Der Forderung nach kompatiblen Einsatzmodulen wurde beim THW schon früh entsprochen. Die Erfahrungen aus diesem Bereich hat der ehemalige Direktor des THW nun als Leiter einer Projektgruppe im Bundesministerium des lnnern eingebracht, die andere Staaten beim Aufbau oder der Neuorganisation ihres Katastrophenschutzes beraten soll.
Am 22. Februar 2002 wurde Gerd Jürgen Henkel in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Er war über 15 Jahre als Direktor des THW tätig, damit steht er in Hinblick auf die Amtszeit an der Spitze aller bisherigen Leiter dieser Behörde.