14
Jul
2014
Rainer Perzlmaier: Fernmeldekraftwagen (FeKW) Borgward B 2000 A
Zur bundeseinheitlichen Aufstellung des Katastrophenschutzes im Jahr 1959/1960 wurde auch die Fachdiensteinheit Fernmeldedienst erstellt.
Bundesweit gab es einmal 141 Fernmeldezüge. Diese bestanden personell aus 25 Helfern und 5 Fahrzeugen. Neben dem Kommandowagen (KdoW) waren das 2 Fernmeldebaukraftwagen (FeKW), ein Funkkraftwagen (FuKW) und ein Lade- und Instandsetzungskraftwagen (LuIKW). Der KdoW war der bekannte „Munga“ Fabrikat DKW. Der Funkkraftwagen war ein Hanomag AL 28 oder Borgward B 2000 A-O Fahrgestell mit Kastenaufbau, der Lade- und Instandsetzungskraftwagen ein Frontlenker Halbkastenwagen des Typs Borgward B 1500 F (spätere Bezeichnung ab 1959 B 611). Später in den 60er Jahren wurden für diese Position noch Hanomag Kurier II Fahrzeuge angeschafft. Diese boten etwas mehr Innenraum und hatten einen Diesel- anstatt Benzinmotor.
Insgesamt wurden 282 Fernmeldebauwagen (FeKW) für den Katastrophenschutz (KatS) gebaut.
Mein Fahrzeug wurde 1961 vom bay. Innenministerium als Fernmeldekraftwagen in Dienst gestellt. Es war ursprünglich beim Malteser Hilfsdienst in Krailing und später in Haag stationiert bis es 1973 zum neu aufgestellten 1. Fernmeldezug Fürstenfeldbruck kam.
Da es sich hierbei um eine Regieeinheit des Landkreises handelte wurde das Fahrzeug in den Folgejahren reinorange (RAL 2004) lackiert.
Die Unterbringung des Fahrzeugs erfolgte in einer Halle des Flugplatzes Jesenwang und später im jetzigen Foyer des Fürstenfelder Veranstaltungsforums.
1978 übernahm der THW-Ortsverband Fürstenfeldbruck den Fernmeldezug, eine Umlackierung der Fahrzeuge auf THW-Blau wurde jedoch nicht durchgeführt. Bis zu seiner Ausserdienststellung 1986 versah das Fahrzeug treu seinen Dienst im Fernmeldebau.
Das Fahrzeug hat ein Leergewicht von 2980 kg bei 1020 kg Nutzlast. Der 4-Takt Benzinmotor, Typ 6M 2,3 LiA hat 6 Zylinder, 2,238 Liter Hubraum mit 82 PS bei 4000 U/min und 19 Liter Kühlmittelinhalt.
Der Kraftstoffbehälter hat 90 Liter Inhalt, der Verbrauch liegt bei ungefähr 20 Liter verbleitem Normalkraftstoff, je nach Fahrweise etwas drunter auf der Landstraße oder darüber im Gelände. Der Antrieb erfolgt mit einem 4-Gang-Wechselgetriebe, mit Straße- und Geländegang, über ein Verteilergetriebe auf beide Achsen.
Das Fahrzeug ist zugelassen für 7 Personen, der offiziellen Helferanzahl eines Fernmeldebautrupps. Das Fahrzeug hat einen speziellen Innenausbau, vor der hinteren Sitzreihe befinden sich Aufnahmen für 12 Feldkabeltrommeln. In hinteren Gerätekasten befanden sich weitere Fernmeldematerialien wie Feldfernsprecher, Feldkabelspulgerät, Bauhaken, Seile, Feldvermittlungen, Werkzeug- und Schreibtaschen etc.
Unter dem Fahrzeug ist ein Rahmen angebracht um 16 Baustangen und die beiden so genannten Drahtgabeln unterzubringen. Auf dem Gerätekasten befinden sich die Halterungen für die Klappleiter, den Spaten und die Kreuzhacke. Hinter dem Beifahrer ist das BOS-Funkgerät in einer Halterung untergebracht, über einen Kommandolautsprecher kann man das Umfeld besprechen/beschallen.
Nach der Aussonderung 1986 wurde das Fahrzeug an einen Privatmann verkauft. Dieser überführte es, mit vielen anderen Fahrzeugen aus dem Katastrophenschutz, nach Rain am Lech. Die Absicht, es zum Ausschlachten zu verwenden hat er – Gott sei Dank – fallen gelassen. So stand der FeKw 26 Jahre in einer Scheune rum!
Durch Zufall hat ein THW-Helfer unseres OV FFB im Internet eine Verkaufsanzeige des Fahrzeugs entdeckt. Der Schriftzug „Fernmeldezug Fürstenfeldbruck“ war deutlich zu erkennen. Er meldete seine Sichtung unserem Ortsbeauftragten. Wie sich aufgrund der weißen Stoßstangen feststellen ließ, war es genau das Fahrzeug auf dem er selbst jahrelang Truppführer war. Wir beide waren begeistert!
Einerseits war uns klar, dass sich der THW-Helferverein die Anschaffung nicht leisten kann, andererseits war ich auf der Suche nach einer Beschäftigung in meinem „Ruhestand“. So habe ich mich spontan entschlossen, das Fahrzeug im Juni 2012 zu kaufen.
Es soll als FeKw erhalten bleiben und nach Möglichkeit auch wieder die komplette Fachausstattung erhalten. Aber es soll auch eine ganz besondere Art des Fahrens in einem „7-sitzigen Großcabrio Kübelwagen“ ohne Schaltsynchronisation und Servolenkung vermitteln. Echte Kraftfahrer sind hier gefordert!
Rainer Perzlmaier (links) ist Gründungsmitglied des THWhS-Fahrzeugdepots München. Sein Handeln ist beispielhaft für privates Engagement um historische THW-Fahrzeugtechnik.