18
Aug
2019
Auslandseinsatz in Goma/Zaire vor 25 Jahren – Text und Bilder von Frank Winterfeldt
Innerhalb weniger Monate wurden in Ruanda, einem kleinen zentralafrikanischen Land, rund 800.000 Menschen getötet. Dem Völkermord folgte eine zweite Katastrophe: rund 2 Millionen Menschen flüchteten aus Ruanda in die Nachbarstaaten Burundi, Tansania, Uganda und Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, in eine ungewisse Zukunft, ohne ausreichende Ver- und Entsorgungsstrukturen.
Die Masse der Flüchtlinge ließ sich rund um die zairische Hafenstadt Goma nieder. Innerhalb weniger Wochen stieg dort die Bevölkerungszahl von rund 100.000 Menschen auf über eine Million an.
Lager um Goma – Flüchtlingszelte bis an den Horizont
Größtes Problem für den UNHCR, den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, war die Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser. Auf Anforderung des Bundesministeriums des Innern und auf Ersuchen des Auswärtigen Amtes half das THW bei der Trinkwasserversorgung der Flüchtlinge und der einheimischen Bevölkerung.
Jeweils 70 Helferinnen und Helfer schickten die Planer in der Bonner THW-Leitung und aus dem Landesverband Baden-Württemberg auf dem Luftweg mit Chartermaschinen für rund vier Wochen nach Goma. Die gesamte Ausstattung, Fahrzeuge, Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Schläuche, Chemikalien für die Wasseraufbereitung und die Analyse, Wasserblasen, Zelte, Feldbetten, Pumpen, alles benötigte Equipment musste ebenfalls auf dem Luftweg mit Antonov-Frachtmaschinen nach Afrika transportiert werden.
Am Kivusee produzierte das THW mit seinen leistungsfähigen Trinkwasseraufbereitungsanlagen täglich bis zu 2 Millionen Liter sauberes Trinkwasser. Eigene LKWs mit Wasserblasen und Tankfahrzeuge der internationalen Hilfsorganisationen wurden am eigens erbauten Wasserturm, oberhalb des Hafens in Goma, mit sauberem Trinkwasser befüllt. Über die mit erkalteter Lava des Vulkans Nyiragongo bedeckten Straßen ging es dann auf verschiedenen Routen zu den Menschen in die Flüchtlingslager rund um Goma. Nach Erhebungen des UNHCR trug die regelmäßige Trinkwasserver-sorgung zu einem signifikanten Rückgang der täglichen Todesfälle bei. Ende Juli 1994 starben fast 7000 Menschen täglich in den Flüchtlingslagern.
Das Sinnbild für effektive Hilfe: der provisorische Wasserturm oberhalb des Hafens von Goma
Das Basislager des Technische Hilfswerkes am Hafen von Goma, direkt am Kivusee. Von dort starteten die LKW des THW, erfolgte die Wartung und Instandsetzung von Fahrzeugen und Equipment in der Schirrmeisterei, schliefen die Helferinnen und Helfer in Zelten, wurde das umfangreiche Material gelagert und die Einsatzkräfte versorgt. Große Industriewaschmaschinen und einheimische Kräfte sorgten für saubere Arbeitskleidung. Am Kivusee wurden die Trinkwasseraufbereitungsanlagen aufgebaut und mit Pumpen das Rohwasser aus dem See entnommen, aufbereitet, chloriert, gesammelt, in Rohrleitungen auf den Wasserturm gepumpt und an die Tankfahrzeuge abgegeben.
Vor Ort wurden die Einsatzkräfte mit viel Not und Elend, den Schicksalen von Tätern und Opfern, schlechten hygienischen Voraussetzungen und extremen Wetterbedingungen ganz direkt konfrontiert. Auch 25 Jahre nach dem Einsatz sind die Erfahrungen bei vielen beteiligten Helfern immer noch präsent und so manche Alltagssorgen in Deutschland treten in den Hintergrund.
Rund 600 Helferinnen und Helfer vom THW aus der gesamten Bundesrepublik waren von Juli 1994 bis Anfang April 1995 unter der Führung von Dipl.-Ing. Basil al Naqib aus der THW-Leitung mindestens vier Wochen in der größten Flüchtlingskrise vor Ort im Einsatz. Durch ihren Einsatz konnte sauberes Trinkwasser fachgerecht aufbereitet und in ausreichender Menge an Flüchtlinge und Bewohner der Stadt Goma verteilt werden. Mit diesem wichtigen Beitrag konnte den betroffenen Menschen das Überleben in dieser Krisenlage gesichert werden.
Klassenzimmer im Flüchtlingslager Buhimba
Kinder Goma: Hallo Muzungu – trotz der bedrückenden Lebenssituation in den Flüchtlingslagern hatten die Kinder immer Spaß, wenn die Muzungus (afrikanische Bezeichnung für hellhäutige Menschen) in ihren hellblauen Outfits mit den hellblauen LKWs kamen, frisches Trinkwasser lieferten und so für Abwechslung im eintönigen Lageralltag sorgten.
Lebensmittel, wie hier Bananen, wurden mit Einbäumen über den Kivusee transportiert