11
Feb.
2012
Gerd Krüger: Einsatz der TN am Brandenburger Tor
Rückblick 20.08.1935:
Einsatz der Technischen Nothilfe (TN) in Berlin am Brandenburger Tor
1. Vorbemerkung
Vor nunmehr über 75 Jahren kam es am Brandenburger Tor beim Tunnelbau für die Nordsüd-S-Bahn zu einem Einsturzunglück fast schon katastrophenartigen Umfangs. 19 Tote waren zu beklagen. Was war geschehen?
2. Schadenumfang
Gegen etwa 12.15 Uhr stürzten die Schachtwände auf etwa 65m Länge beidseitig ein. Infolge dessen gaben ca. 8000m3 Erdreich nach und rutschten auf die Schachtsohle. Der längliche Trichter war etwa 30m breit und 14m tief. 23 Bauarbeiter wurden verschüttet. Vier konnten noch am Unglückstag gerettet werden. Die anderen 19 wurden erst später geborgen. Diese Rettungs- und Bergungsarbeiten wurden erheblich erschwert: Teile der aussteifenden Holzkonstruktion, etwa 60t Rundstahl und andere am Schachtrand lagernde Baumaterialien waren mit den Erdmassen nachgerutscht. Die in unmittelbarer Nähe befindlichen Straßenbahngleise, Oberleitungsmasten sowie Bäume, Versorgungsleitungen, Kräne und Baubuden waren ebenfalls abgerutscht.
2. Einsatzmaßnahmen
Bevor die eigentlichen Rettungs- und Bergungsmaßnahmen begannen, leistete die Berliner Feuerwehr Soforthilfe. Sie trug über Tage die Hauptlast des Einsatzes. Dabei waren 100 Mann im Schichtbetrieb (zu sechs Stunden) tätig. Daneben wurden aber mit starken Kräften Wehrmacht, Arbeitsdienst, Sanitätskolonnen und die TN herangezogen. Später rückte auch Grubenrettungspersonal aus dem Ruhrgebiet an.
3. TN-Einsatz
Die TN-Landesgruppe Berlin-Brandenburg wurde gegen 13.30 Uhr informiert. Sofort wur-den drei Instandsetzungstrupps alarmiert. Diese trafen um 14.25 Uhr am Unglücksort ein. Vier weitere Instandsetzungstrupps wurden nachgeführt. Nachts erfolgte die Ablösung durch fünf frische Instandsetzungstrupps. Bis zum Morgen des21. August waren insge-samt 300 Nothelfer im Einsatz. All diese Kräfte mussten nach Zeitplan abgelöst werden. Bei dem insgesamt 10 Tage andauernden Einsatz waren bis zu 700 Nothelfer aufgeboten.
Zunächst mussten durch den Wirrwarr aus Sandmaßen, Stahl- und Holzkonstruktionen sowie abgestürzten Baumaschinen und sonstigen Geräten Zugänge zu den Verschütteten geschaffen werden. Ach bei den dafür unabdingbaren Sicherungsarbeiten wirkte die TN mit. Hier seien z.B. der Einbau leistungsstarker Hilfspumpen und deren Betrieb gegen das Steigen des Grundwasserspiegels genannt. Es galt überhaupt die Baustelleninfrastruktur behelfsmäßig sicherzustellen.
4. Anmerkungen
Es wurden die damaligen Bezeichnungen und Begriffe verwendet.
Die für den Luftschutz durch die TN aufgestellten Instandsetzungstrupps hatten eine Stär-ke von insgesamt jeweils 24 Nothelfern. Diese Instandsetzungstrupps gliederten sich in einen Stab (vier Nothelfer), ähnlich den heutigen Zugtrupps, und zwei Arbeitsgruppen (mit je 10 Nothelfern, davon 1 Gruppenführer und Kraftfahrer). Ein Instandsetzungstrupp wäre mit einem heutigen ‚geschwächten’ – also ohne 3. Gruppe – Zug vergleichbar.
An Ausstattungssoll verfügte ein damaliger Instandsetzungstrupp über einen Stabswagen (PKW) und einen LKW mit Planen und Spriegel. Dieser Bereitschaftswagen mit einem Gestellaufbau diente dem Nothelfertransport. Zugleich wurden auch die Arbeitsgeräte (Werkzeug, Maschinen usw.) mitgeführt. Der Umfang und die Art dieser Ausstattung ist in geringem Umfang mit dem jetzigen GKW vergleichbar. Der vormalige Stand der Technik ist dabei selbstverständlich zu berücksichtigen (z.B. Bauwinden statt Öldruckheber, Fla-schenzug statt Greifzug). Allerdings waren die meisten Instandsetzungstrupps nur be-helfsmäßig motorisiert und verfügten z.B. nicht über Bereitschaftswagen.
Bei dem Begriff „Instandsetzungsdienst“ ist noch zu berücksichtigen, dass die damalige Aufgabenbeschreibung dem heutigen „Bergungsdienst“ in etwa gleichgesetzt werden kann.
5. Quellen
– Die Räder. Illustrierte Zeitschrift der TN; 1935; Heft 17 und 18
– Schriftenreihe Gasschutz und Luftschutz; 1935
– Verkehrsgeschichtliche Blätter; 2010; Heft 4